Deine Schulter verfügt aufgrund seiner anatomischen Zusammensetzung über keine gute knöcherne Stabilität, da der Gelenkkopf viel größer als die dazugehörige Gelenkspfanne ist und daher ständig neu positioniert werden muss. Dadurch steht dir zwar ein großer Bewegungsspielraum in der Schulter zur Verfügung, andererseits steigt aber auch das Verletzungsrisiko.
Deine Schulter wird hauptsächlich durch Muskeln–die Rotatorenmanschette – gesichert, die gut zusammenarbeiten müssen, um für genügend Stabilität zu sorgen. Die Rotatorenmanschette besteht aus fünf Muskeln: dem M. subscapularis, M. supraspinatus, M. infraspinatus und M. teres minor. Auch die lange Sehne des M. biceps brachii ist Teil der Rotatorenmanschette. Du kannst dir den Gelenkkopf einfach als Ball vorstellen, den du mit allen fünf Fingern, die jeweils einen Anteil der Rotatorenmanschette darstellen, hältst.
Damit deine Schulter problemlos funktioniert und du ihren vollständigen Bewegungsspielraum ausnutzen kannst, sind neben dem Schultergelenk auch noch andere Körperstrukturen, wie etwa der Schultergürtel, der Brustkorb und die Halswirbelsäule wichtig. Deren Bewegungen werden auch wieder von bestimmten Muskeln gesteuert.
Schulterverletzungen werden in die 3 Kategorien „schwach und schmerzhaft“, „instabil und schmerzhaft“ und „steif und schmerzhaft“ eingeteilt. Des Weiteren können Schulterbeschwerden auch durch andere Strukturen, wie beispielsweise die Halswirbelsäule, ausgelöst werden.
In die Kategorie „schwach und schmerzhaft“ fallen mit dem sogenannten „Subacromialen Schmerzsyndrom“ assoziierte Beschwerden. Dazu gehören:
Die Kategorie „instabil und schmerzhaft“ umfasst:
Zur Kategorie „steif und schmerzhaft“ zählen:
Die Entscheidung, ob bei deiner Schulterverletzung eine operative oder konservative Behandlung zum Einsatz kommt, hängt von folgenden Fragen ab:
Wie allgemein in der Physiotherapie wirst du auch in der Schulter-Reha anhand des bio-psycho-sozialen Ansatzes sowie aktueller Trainingsempfehlungen behandelt. Im Verlauf der Therapie wirst du laufend darüber aufgeklärt, warum wie vorgegangen wird, und bei Bedarf wird dieses Vorgehen in Absprache mit dir angepasst.
In der Physiotherapie werden folgende Ziele verfolgt:
Im Rahmen der Schulter-Reha wird ein abhängig von deinen Ambitionen genau auf dich zugeschnittenes Trainingsprogramm erstellt. Die jeweilige Dauer der im folgenden beschriebenen Phasen variiert je nachdem, welche Schulterverletzung du dir zugezogen hast, und wie die Wundheilung der betroffenen Struktur(en) aussieht.
Phase 1: Wiederherstellung der Beweglichkeit, Aktivierung der Muskulatur, Koordination, Erhalt der allgemeinen Ausdauer
Nach Abklingen der für den Heilungsprozess notwendigen Entzündungsphase folgt die Proliferationsphase. In dieser wird neues Kollagengewebe gebildet, das die Wunde stabiler macht. In dieser Phase ist es wichtig, dass die richtigen, physiologischen Belastungsreize gesetzt werden, damit sich die neu gebildeten Fasern richtig organisieren und ausrichten. Allerdings muss beachtet werden, dass das neu gebildete Gewebe noch wenig belastbar ist.
In dieser Phase wirst du daher vor allem an deiner Schulterbeweglichkeit arbeiten und die Schlüsselmuskeln des Schulterblattes und Schultergelenks aktivieren. Aber auch andere Maßnahmen kommen zum Einsatz:
In dieser Wundheilungsphase geht es in deinem Training vor allem darum, dass du möglichst viele qualitativ saubere Wiederholungen der Übungen durchführst, ohne dass du die Muskulatur ermüdest. Je nach Struktur sollte die Proliferationsphase nach sechs (Knochen) bzw. zwölf (Sehnen) Wochen abgeschlossen sein und der Übergang in die Remodellierungsphase begonnen haben. In dieser Phase wird das Gewebe zunehmend stabiler und belastbarer, sodass du die Intensitäten steigern und mit dem Krafttraining beginnen kannst.
Phase 2: Volle Beweglichkeit, Krafttraining (progressive Belastungssteigerung)
In dieser Phase solltest du die Beweglichkeit in alle Richtungen wiedererlangen. Für das Krafttraining gilt, dass die Schmerzen während des Trainings etwas zunehmen dürfen, aber in einem tolerablen Rahmen bleiben und danach schnell wieder abklingen sollten. Zur gezielten Trainingssteuerung kann dein Physiotherapeut verschiedene Skalen (Borg-Skala, reps in reserve, repetition maximum) heranziehen, mit deren Hilfe ihr die Übungen aussuchen und anpassen könnt.
Außerdem könnt ihr die Belastung anhand der Parameter Intensität, Dauer, Frequenz und Pausen verändern.
Phase 3: Schnell- und Reaktivkraft, Return to sport
Nach einigen Wochen wird zusätzlich die Schnell- und Reaktivkraft in deinen Trainingsplan aufgenommen, da diese bei vielen Sportarten von enormer Bedeutung sind. Die Muskulatur muss schnell und unvorbereitet auf Umwelteinflüsse reagieren können.
So treten etwa bei Wurfbewegungen extrem hohe Winkelgeschwindigkeiten und Muskelaktivierungen auf. Dementsprechend wirst du das Fangen und Werfen sowie Abbremsen und Beschleunigen in dein Training integrieren.
Anhand verschiedener Assessments wird in dieser Phase auch festgestellt, ob du in Abhängigkeit von der sportlichen Anforderung den Wiedereinstieg in deinen (Leistungs-) Sport planen kannst.
In der Schulter-Reha kannst du dich bei der Trainingsprogression auch am Modell der 5Ps orientieren. Dabei sind bestimmte Muskelgruppen nach ihrer Funktion in Zusammenhang mit der Schulter in Kategorien eingeteilt. Diese werden dann der Reihe nach mit in deinen Trainingsplan aufgenommen.
Du beginnst dabei mit den Preparators, die alle Muskeln der Unteren Extremität und des Rumpfes umfassen und dementsprechend weit von der Schulter entfernt sind. Diese kannst und sollst du von Anfang an trainieren. Unter Beachtung der ärztlichen Limitationen und des jeweiligen Heilungsstadiums arbeitest du dich von Muskelgruppe zu Muskelgruppe, damit am Ende alle für eine funktionstüchtige Schulter relevanten Strukturen wieder optimal zusammenarbeiten.
Im Schulterbereich selbst trainierst du zuerst die Pivoters. Bei diesen handelt es sich um jene Muskeln, die für die Fixierung und Bewegung des Schulterblattes sowie eine gute Verankerung der Gelenkspfanne verantwortlich sind.
Als nächstes kommen die Protectors an die Reihe, die – wie der Name schon sagt – dafür zuständig sind, dein Schultergelenk zu „beschützen“ und den Gelenkkopf zu zentrieren. Diese Aufgabe wird von der bereits erwähnten Rotatorenmanschette übernommen.
Auch die darauffolgende Muskelgruppe, die Positioners, tragen ihre Funktion im Namen. Mit ihnen positionierst du den Oberarmknochen im Raum.
Zum Schluss trainierst du die Propellors, die alle Muskeln mit einem großen Querschnitt umfassen und primär für große Bewegungen verantwortlich sind.
Abschließend ist es noch wichtig, dir bewusst zu machen, dass es wie in jedem Reha-Prozess auf diesem Weg immer Höhen und Tiefen geben wird. Denn die Heilung und Reha verlaufen selten in einer geraden Linie.
Falls du gerade an einer akuten oder chronischen Schulterverletzung leidest und eine gute Physio brauchst, mache dir HIER einen Termin bei unserer Spezialistin Johanna Wastian aus!