Fersensporn ist eine häufig verwendete Diagnose für Schmerzen im fußsohlenseitigen (plantaren) Bereich der Ferse. Ist diese Bezeichnung passend? Nicht wirklich! Sie löst bei Betroffenen meist eine falsche Vorstellung von dem eigentlichen Geschehen aus.
Da auf unsere Füße hohen Belastungen und Zugkräften einwirken, müssen vor allem die Strukturen im Fußbereich sehr stark sein. Im Bereich der Ferse, wo Knochen und anderes Bindegewebe aufeinandertreffen, ist eine starke Verbindung entscheidend, um den alltäglichen Belastungen standzuhalten.
Gerade beim Laufen oder Springen sind diese Zugkräfte auf der Fußsohle besonders hoch. Deshalb ist in diesem Bereich die Verbindung des knöchernen Fersenbeins mit dem sehnigen Gewebe sehr stark. Bei manchen Personen ist diese Verbindung etwas stärker ausgeprägt oder es ist eine zusätzliche Kalziumeinlage ersichtlich, diese wird oft als Fersensporn interpretiert.
Muss diese Struktur unbedingt Schmerzen verursachen? Nein! Viele Menschen, auch ohne Schmerzen im Bereich der Ferse, werden diese adaptive Veränderung auf Röntgenbildern zeigen.
Woran denken Sie bei einem Sporn? An einen spießigen Fortsatz? Dieser Gedanke kann ein unangenehmes Gefühl und ein falsches Bild auslösen. Wenn davon ausgegangen wird, dass dieser knöcherne Fortsatz Beschwerden auslöst, wird auch meist ein Verschwinden dessen mit Beschwerdefreiheit assoziiert. Wie kann es dann aber sein, dass oftmals ein „Fersensporn“ keine Symptome auslöst?
Wieso manche Personen keine Symptome und andere wiederum alltagseinschränkende Beschwerden entwickeln, kann verschiedene Gründe haben.
Zum einen ist meist nicht die knöcherne Struktur verantwortlich für Schmerzen, sondern viel eher umliegende Strukturen und zusätzliche Faktoren, welche im folgenden Absatz erläutert werden. Nachdem am Fersenbein sehr viele verschieden Strukturen ansetzten ist es schwierig den Auslöser zu identifizieren und zumeist es auch kein isoliertes Gewebsproblem, sondern eine komplexere Schmerzproblematik ist.
Einerseits können repetitive hohe Belastung, welche beim Laufen oder Springen entstehen, Überlastungen oder Veränderungen im Gewebe hervorrufen.
Hierbei ist anzumerken, dass Laufen und Springen nicht schlecht für unseren Körper ist, sondern unser Körper Zeit und eine progressive Steigerung zu Anpassungen unseres Gewebes benötigt. Passiert Belastung unerwartet oder wird zu schnell gesteigert, kann es schon vorkommen, dass unser Körper alarmschlägt und dies mit Schmerzen ausdrückt.
Weiters wird in der Literatur auch von mentalen Faktoren, wie zum Beispiel dem Gefühl, dem Schmerz hilf- und hoffnungslos ausgesetzt zu sein, beschrieben. Weiters können auch Stress und Begleiterkrankungen oder einem erhöhten Körperfettanteil im Bauchbereich eine Rolle spielen. Zusätzlich auch eine eingeschränkte Beweglichkeit im Sprunggelenk oder eine reduzierte Kraft in der Waden- und Fußmuskulatur. Gerade bei länger anhaltenden Schmerzen im Bereich der Ferse, kann auch von einer Sensibilisierung des Nervensystems ausgegangen werden. Eine Sensibilisierung macht unser Nervensystem empfindlicher, sodass Schmerzen schneller und/oder intensiver erlebt werden können.
Meist beschreiben die Betroffenen einen stechenden, starken Schmerz beim ersten Aufstehen in der Früh. Der Schmerz kann sich wie ein Messerstechen oder Nadelstechen anfühlen. Danach kann er in einen dumpfen Schmerz übergehen. Zusätzlich verstärken sich die Symptome nach einer längeren Ruhephase beim Aufstehen und Auftreten auf dem betroffenen Fuß („start-up pain“). Mit einer angemessenen Therapie, welche sehr individuell an die Person angepasst werden muss, zeigt sich eine deutliche Besserung durchschnittlich in 6 Monaten. Dieser Prozess erfordert Geduld und Verständnis für die vorliegende Situation.
Gerade weil es sich um eine komplexe Schmerzproblematik handelt und viele Einflussfaktoren mitwirken, ist es wichtig eine kompetente Fachperson deines Vertrauens zu finden. Bei uns ist Johanna Wastian die Ansprechperson bei Fragen zu Fersensporn.
Zu Beginn der Behandlung ist es sehr essentiell eine ausführliche Anamnese (Geschichte) zu erfragen, um dich kennenzulernen und deine individuelle Problematik erfassen und besser verstehen zu können.
Darauf folgt eine auf dich angepasste Untersuchung.
Im Weiteren wird dann gemeinsam mit dir ein Behandlungsvorgehen und -möglichkeiten besprochen.
Ein sehr wesentlicher Part der Therapie ist die Edukation. Um Unsicherheiten und Ängste zu beseitigen und ein besseres Verständnis für den Schmerz und seine Einflussfaktoren zu bekommen braucht es Informationen. Dabei darf auch das Belastungsmanagement nicht fehlen. Wie und wieviel darf ich belasten? Welche Reize sind erwünscht und welche Belastung muss reduziert oder angepasst werden. All das wird laufend mit deiner/m Physio besprochen und adaptiert.
Neben der Edukation werden Maßnahmen wie zum Beispiel ein Dehnprogramm für die Plantarfaszie oder ein festes Tape zur Reduktion des Schmerzes eingesetzt. Auch ein „Heavy Load Resistance Training“ (hochintensives Krafttraining) kann zu einer Schmerzreduktion und einer besseren Funktion (z.B Beweglichkeit) beitragen. Sollten diese Maßnahmen keine Verbesserung erzielen, können auch noch weitere Behandlungsoptionen besprochen werden (z.B. orthopädische Fußorthesen, Nachtschiene, Stoßwellentherapie,..).
An erster Stelle gilt jedoch „Give your body time to recover“ (Gib deinem Körper Zeit zu genesen).
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass plantarer Fersenschmerz keine angenehme Erfahrung ist, jedoch mit Zeit und professioneller Unterstützung reversibel ist. Eine verhärtete Verbindung zwischen den Weichteilen und dem Fersenbein und mögliche knöcherne Ausbildungen sind normal und meist eine Anpassung vom Gewebe auf Belastung (Anpassungsreaktion). Ein sogenannter „Fersensporn“ verursacht meist keine Schmerzen und ich auch bei Personen ohne Symptome vorhanden. Plantare Fersenbeinschmerzen sind kein lokales, isoliertes Gewebsproblem, sondern werden meist von verschiedenen Einflussfaktoren (Belastung, Stress, Begleiterkrankungen, Sensibilisierung des Nervensystems,…) geprägt und stellen ein individuelles, komplexeres Schmerzgeschehen da. Mit einer informativen Edukation, einem Belastungsmanagement und Maßnahmen, welche der*die Patient*in selbstständig durchführen kann, können die Beschwerden meist gut in Griff bekommen werden.